Aus dem Atlantik strömten um Schottland herum Ausläufer des Golfstroms in die noch junge Nordsee und durchliefen diese gegen den Uhrzeigersinn. Sobald sich der Ärmelkanal öffnete, kamen Strömungen aus Südwesten dazu, und damit etablierte sich das Strömungsbild, das wir heute noch in der Nordsee finden. Diese Strömungen werden überlagert von sehr viel stärkeren Gezeitenbewegungen. Die Gezeitenwelle erreicht die Nordsee ebenfalls durch den Ärmelkanal und um Schottland herum. Allerdings stellen Wellenbewegungen keine Strömungen dar; das Wasser wird lediglich zur Küste hin (Flut) und von der Küste wieder zurück (Ebbe) bewegt. Diesen unterschiedlichen Wasserbewegungen ist gemein, daß sie sich entlang der Küste fortpflanzen.
In seiner jetztigen Lage ist das Wattenmeer erst vor etwa 7000 Jahren entstanden. Bevor sich die Nordsee bildete, mündeten alle Flüße aus dem Osten Englands sowie aus Belgien, den Niederlanden und Nordwestdeutschland in einen Schmelzwassersee vor den Inlandeisfronten und luden dort ihre mitgeführte Sedimentfracht aus Sand und Schlamm ab. Mit dem Vordringen der Nordsee wurden die einzelnen Flußsysteme voneinander getrennt. Die verschiedenen Flußmündungen schütteten ihre Sedimente nun entlang der südlichen Peripherie in die Nordsee.
Allerdings hatte der Dünenwall von Anfang an Unterbrechungen, etwa die Mündungen großer Flüße oder durch Stürme entstandene Windanrisse (links), die zur Bildung von Wanderdünen führten, deren landwärtige Verlagerung flache, durchbruchgefährdete Mulden hinterliessen. Die mit dem steigenden Meeresspiegel immer wirkungsvolleren Sturmfluten konnten durch solche Lücken ins Hinterland einbrechen und große Flächen der weichen, nachgiebigen Torfböden ausräumen, während an den Dünen die Schäden eher begrenzt blieben. Somit verlagerte sich die Außenküste mit den Dünen nur wenig, aber das Hinterland veränderte sich dauerhaft, indem die Moorgebiete an die Ränder des vor Hochwassern sicheren Festlandes, der Geest, zurückgedrängt und durch ständig von Salzwasser überflutete Lagunen ersetzt wurde.

Vor etwa 5000 bis 4000 Jahren schwächte sich der Anstieg des Meeresspiegels ab, und ein Teil der bereits überfluteten Küste verlandete wieder. Es begannen sich Watten (links) und Marschen mit Salzwiesen (unten) zu bilden, die zum Meer hin vorrückten, so daß man heute ehemalige Strandwälle inlands der heutigen Ufer finden kann, zum Beispiel an der Wurster Küste oder in den Niederlanden.

Unter diesem Regime werden die Sedimente, die durch Flüsse ins Meer gespült werden, von Südwesten nach Nordosten transportiert, erst nach Osten in die Deutsche Bucht und dann weiter nach Norden bis zur Nordspitze von Dänemark. Entlang der gesamten Strecke bildeten sich Sandstrände, auf denen hohe Dünenzüge aufwuchsen (unten links), die heute von Dünkirchen in Nordfrankreich bis nach Skagen im Norden Dänemarks reichen (oben).
Anfangs schützte diese Dünenbarriere das Hinterland bis zu einem gewissen Grad vor dem steigenden Meer. Gleichzeitig versumpfte aber das Hinterland. Zahlreiche Bäche konnten die Dünenbarriere nicht durchbrechen und in den flachen Küstenbereichen konnte das Süßwasser aus dem Binnenland nicht versickern, weil der Untergrund sich zunehmend mit salzigem Grundwasser aus dem Meer füllte. So kam es zu Stauvernässungen, und es bildeten sich riesige Sümpfe aus Bruchwäldern und baumfreien Mooren im Hinterland der Dünen (oben rechts).
Außerdem drang das Meer tief in die Flußauen ein, wo sich trichterförmige Zungen bildeten, die so genannten ertrunkenen Flußtäler. Solche Trichtermündungen haben sich nicht nur im Bereich des Wattenmeeres gebildet, sondern auch im östlichen England und an der Ostsee.

Während aber in der Ostsee Gezeiten kaum wahrnehmbar sind, haben sie auf die Flußmündungen der Nordsee großen Einfluß. Ohne ihr Wirken würde sich das Flußwasser nicht mit salzigem Meerwasser mischen sondern eine scharfe Front ausprägen. Durch die ständig in die Mündung ein- und ausströmenden Tiden kommt es jedoch zu einer steten Verwirbelung, so daß sich lange Übergangszonen mit Brackwasser bilden.

Selbst dort, wo gar kein Salzwasser mehr hinreichte, machten sich die Tiden noch bemerkbar: Da der Fluß nur abfließen konnte, wenn im Meer gerade Niedrigwasser war, kam es durch Rückstau in den Unterläufen sogar im reinen Süßwassergebiet zu Gezeiten. Man kann rechts gut erkennen, wie weit im Schilf das Wasser bei Flut steht.

Schema einer natürlichen Gliederung der Landschaft an der südlichen Nordseeküste.