Doch nicht jeder Vogel stochert im Schlamm nach Würmern. Vor allem Seeschwalben fangen Unmengen von Fisch, der sich in den Seegatten und Prielen und bei Flut über den Wattflächen erbeuten läßt. In der Regel handelt es sich dabei um kleinere Fische, aber die gibt es reichlich, da das Wattenmeer für viele Nordseefische eine bedeutende Kinderstube darstellt.
Die Seeschwalben ziehen für den Winter fort in den Süden. Sie werden durch andere Vögel aus dem hohen Norden ersetzt, die sich jetzt ihren Anteil holen und so über die kalte Jahreszeit kommen. Dazu gehören Säger genauso wie die altertümlichen Seetaucher, darunter auch der Sterntaucher (Gavia stellata), der sein Nest an Seen und Tümpeln der arktischen Tundra baut.
Ein Vogel, der uns heute ziemlich exotisch anmutet, ist - wenn man der Meinung namhafter Experten glauben darf - nichtsdestoweniger im Wattenmeer heimisch gewesen: Der Krauskopfpelikan (Pelecanus crispus). Undenkbar erscheint das nicht, denn mit seinem dehnbaren Kehlsack kann er seine Beute aus Schwärmen kleiner Fische regelrecht herauskeschern. Heute jedoch ist er zurückgedrängt auf einige wenige Brutorte rund um das Schwarze und Kaspische Meer, und das macht es wenig wahrscheinlich, daß wir diesen stattlichen Vogel jemals wieder im Wattenmeer begrüßen können.
Demgegenüber ist dem Kormoran (Phalacrocorax carbo) sein Comeback gelungen. In weiten Teilen Mitteleuropas ausgerottet, hat er nicht nur seine eigentlichen Lebensräume, Binnengewässer mit hohen Bäumen, zurück erobert, sondern wird jetzt auch häufiger im Wattenmeer gesehen. Und wie das bei uns so ist: Kaum sieht man ihn wieder regelmäßig, wird sofort der Ruf laut, daß er sich ja wohl jetzt zur Landplage entwickelt hätte. Besonders Fischzüchter, die ihre Teiche leicht genug durch Netze schützen könnten, verlangen erbittert die Dezimierung dieses interessanten Vogels.
Und so bleibt auch fraglich, ob die Wiederausbreitung des Seeadlers (Haliaeetus albicilla) von Dauer sein kann. Immerhin fängt er wesentlich größere Fische als der Kormoran... - Im Moment darf man jedoch hoffen, daß die ersten Nester, die vor nicht allzu langer Zeit im Bereich des nordfriesischen Wattenmeers festgestellt wurden, der Auftakt für eine Wiederherstellung der lange verschwundenen Bestände sein könnten.